Duale Studiengänge internationalisieren

Das duale Studium ist wenig international. Gründe dafür sind vor allem die straffen Taktungen im Studium sowie der hohe Abstimmungsaufwand zwischen allen Beteiligten. Eine Alternative wäre eine verstärkte „Internationalisierung zu Hause“.

Das besondere Wertversprechen dualer Studiengänge besteht darin, eine Hochschulbildung zu bieten, die Studierende gezielt auf die praktischen Bedarfe der Arbeitswelt vorbereitet. Dazu zählen auch internationale Kompetenzen. Laut der Unternehmensbefragung von McKinsey und dem Stifterverband (2014) sind den deutschen Unternehmen dabei vor allem Fremdsprachenkenntnisse (80 Prozent), interkulturelles Verständnis (70 Prozent) und die Kenntnis ausländischer Märkte und Unternehmen (60 Prozent) wichtig.

Duales Studium kaum international

Obwohl duale Studiengänge wirtschaftsnah sind und Unternehmen hohe Anforderungen an internationale Kompetenzen stellen, ist das duale Studium hinsichtlich der Ausrichtung der Studiengänge, der Zahl von Studierenden, die ins Ausland gehen, und der geringen Anzahl ausländischer Studierender bislang erst wenig international. Gerade einmal 4,1 Prozent der dualen Studiengänge in Deutschland haben eine internationale Ausrichtung, obwohl Unternehmen hier maßgeblich Teil an der Konzeption und Umsetzung dieses Ausbildungsformates haben. Nur 42 von insgesamt 1.014 in Deutschland angebotenen dualen Studiengänge beinhalten internationale Komponenten. Verglichen mit 5,9 Prozent der nicht dualen Studiengänge sind nur 3,3 Prozent der dualen Studiengänge englischsprachig. Ein Grund dafür liegt in dem geringen Anteil an dualen Masterstudiengängen, welche zu einem hohen Anteil englischsprachig sind.

Außerdem gehen besonders wenige dual Studierende ins Ausland. Der Anteil Studierender mit Auslandserfahrung, gemessen an den ERASMUS-Studierenden an den drei größten dualen Hochschulen, ist mit 1,2 Prozent außerordentlich gering. Duale Hochschulen sollten sich das Ziel setzen, zu den zehn Hochschulen mit dem höchsten ERASMUS-Anteil aufzuschließen – der Anteil von ERASMUS-Studierenden liegt dort im Durchschnitt bei 6 Prozent. Insgesamt ist auch die Studierendenschaft im dualen Studium wenig international: Während nicht duale Studiengänge einen Anteil von rund 12 Prozent ausländischer Studierender aufweisen, sind es in dualen Studiengängen nur 4 Prozent (Statistisches Bundesamt). Diese Tatsache lässt eine verminderte kulturelle und sprachliche Diversität in der Studierendenschaft vermuten.

Vielfältige Hürden erschweren Internationalisierung

Die mangelnde internationale Ausrichtung des dualen Studiums in Deutschland hat verschiedene Gründe: Das duale Studium basiert auf einem stark vorstrukturierten, eng getakteten Studienmodell, mit wenig Raum für individuelle Ausgestaltungen des Studiums. Auslandsaufenthalte werden in der Praxisphase dualer Studiengänge bisher vor allem selbstständig von den Studierenden und häufig unter zeitlicher und finanzieller Mehrbelastung organisiert, da sie zumeist kein fester Bestandteil des Curriculums sind. Weitere Hürden sind die bereits hohe Belastung der Studierenden in straffen Wochen- und Monatstaktungen, unzureichende Strukturen an Hochschulen, um solche Prozesse abzustimmen und zu organisieren, und auch die fehlende Bereitschaft von Unternehmen, Mobilitätsfenster zu schaffen und Auslandspraktika anzubieten (DAAD, 2014).

Niedrigschwellige Lösungen gesucht

Duale Studiengänge können durch die Einrichtung von Doppelabschlussstudiengängen, bei denen die Studierenden sowohl an einer deutschen als auch an einer ausländischen Hochschule studieren und die jeweiligen nationalen Abschlüsse erlangen, internationaler werden. Solche Studiengänge erfordern jedoch ein hohes Maß an Abstimmung zwischen allen beteiligten Partnern. Um Internationalisierung breiter zu verankern, sollte verstärkt auf niedrigschwellige und spezifisch auf die Bedarfe der Studierenden zugeschnittene Formate zurückgegriffen werden.

Für dual Studierende eignen sich besonders gut Auslandsaufenthalte in der Praxisphase sowie kürzere Studienaufenthalte im Blockformat (vier bis sechs Wochen), da sich diese ideal in vorgegebene Studienstrukturen einpassen. Um den Auslandsaufenthalt innerhalb der Praxisphase in den schon eng getakteten Lehrplan zu integrieren, sollten die kooperierenden Unternehmen für strukturierte Programme für Auslandsmobilität in die Verantwortung gezogen werden. Für kürzere Studienaufenthalte im Blockformat wären beispielsweise curricular eingegliederte Programme wie ein mehrwöchiges Projektstudium denkbar, also die (interdisziplinäre) Zusammenarbeit mit ausländischen Studierenden an Partnerhochschulen im Ausland. Außerdem sollte auch viel stärker die Möglichkeit genutzt werden, Studierenden an ihren deutschen Hochschulen internationale Kompetenzen zu vermitteln. Ein Fokus der Studieninhalte auf internationale Themen und globale Märkte sowie bilingualer Unterricht zur Stärkung der Sprachkompetenzen sind zwei wichtige Ansätze, um eine »Internationalisierung zu Hause« zu ermöglichen. Dazu müssen internationale Elemente in der Studiengangentwicklung und im Qualitätsmanagement regelhaft verankert werden.

Empfehlungen

Um stark strukturierte Programme wie das duale Studium internationaler zu gestalten, bedarf es niedrigschwelliger und stärker an den Bedarfen der Studierenden ausgerichtete Lösungen:

  • Im Curriculum verankerte Mobilitätsfenster für das Studium schaffen und, auch an Partnerhochschulen, in mehrwöchigen Blockphasen ermöglichen.
  • Kooperierende Unternehmen in die Pflicht nehmen, Auslandspraktika in ihren Unternehmen zu ermöglichen.
  • „Internationalisierung zu Hause“ durch stärkere Eingliederung von Fremdsprachen und internationalen Inhalten in die Curricula sowie Blended-Learning-Formate als Alternative zur Auslandsmobilität mitdenken.

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