Der Hochschul-Bildungs-Report 2020 begleitet die Bildungsinitiative "Zukunft machen" als zentrales Analyseinstrument. Ziel und Anspruch des Reports ist es, der Debatte über eine bessere Bildung in Deutschland durch klar definierte sowie messbare Ziele und Indikatoren mehr Richtung und sachliche Substanz zu geben.
Grundlage für den jährlichen Hochschul-Bildungs-Report ist die Betrachtung und Bewertung von sechs Handlungsfeldern, für die im Dialog mit Experten aus den Mitgliedsunternehmen des Stifterverbandes und Wissenschaftsorganisationen sowie Vertretern der Zivilgesellschaft Ziele für die Hochschulbildung systematisch formuliert wurden:
Für jedes Handlungsfeld wurden im Dialog mit Experten aus den Stifterverbands-Mitgliedsunternehmen, Wissenschaftsorganisationen und Vertretern der Zivilgesellschaft Ziele für die Hochschulbildung formuliert und anhand von insgesamt 75 Indikatoren abgebildet.
Der Hochschul-Bildungs-Report möchte in jedem Handlungsfeld Antworten auf drei zentrale Fragen geben: Wo stehen wir in der Hochschulbildung heute? In welche Richtung sollen wir unsere Hochschulbildung bis 2020 weiterentwickeln? Welche Maßnahmen müssen wir ergreifen, um diese Ziele zu erreichen?
Zur Quantifizierung der Indikatoren wurden ausschließlich Datenreihen gewählt, die von renommierten nationalen und internationalen Institutionen erhoben werden. Es wird vorwiegend auf jährlich erhobene Daten des Statistischen Bundesamtes, des Deutschen Zentrums für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW; vormals Hochschul-Informations-System), der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) und des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) zurückgegriffen. Ein Teil der Daten stammt aus frei zugänglichen Veröffentlichungen der Institutionen, ein Teil sind Sonderauswertungen für den Hochschul-Bildungs-Report. Die Auswahl der Daten wurde notwendigerweise pragmatisch anhand der Verfügbarkeit vorgenommen. Einige Themen lassen sich mit den verfügbaren Daten nur näherungsweise abbilden, zum Beispiel Bildungsinländer als Ersatzgröße für Personen mit Migrationshintergrund und weiterbildende Masterstudiengänge als ein Teilaspekt der wissenschaftlichen Weiterbildung. Dieses Vorgehen ermöglicht eine breite Analysegrundlage und eine Datenreihe zurückgehend bis ins Jahr 2006.
Für jeden einzelnen der Indikatoren wurden Zielwerte für das Jahr 2020 formuliert. Je nach Indikator wurden dabei verschiedene Methoden angewandt:
Um die Entwicklung des Hochschulsystems genau zu erfassen, wird jährlich der Zielerreichungsgrad jedes einzelnen Indikators gemessen. Ausgangswert und damit 0 Prozent der Zielerreichung ist der Wert des Jahres 2010; der angestrebte Zielwert des Jahres 2020 wird als 100 Prozent definiert und der Grad der Zielerreichung zwischen 0 und 100 Punkten wiedergegeben. Liegen für das aktuelle Jahr noch nicht alle Daten vor, werden für die betreffenden Indikatoren die Vorjahreswerte verwendet, um den übrigen Indikatoren nicht zu viel Gewicht zu geben und die Vergleichbarkeit zwischen den Jahren zu gewährleisten.
Die Indikatoren werden je Handlungsfeld zu Unterindikatoren entsprechend der drei Zieldimensionen – Akademikerbedarf, Diversität und Nachfrageorientierung – gleichgewichtet zusammengefasst. Aus diesen Unterindikatoren werden wiederum Durchschnitte der Handlungsfeldindikatoren gebildet. Eine Gewichtung der Zieldimensionen wird nicht vorgenommen, da diese inhaltlich nicht zu begründen ist. Dargestellt werden die Handlungsfeldindizes in einem Diagramm, das die Zielerreichung wiedergibt. Die Nulllinie ist der Ausgangspunkt 2010 (0 Prozent), die äußerste Linie 100 Prozent Zielerreichung. Die Zielerreichung ist bei -100 und +100 gedeckelt, zwischen diesen Werten wird der aktuelle Zielerreichungsgrad abgetragen.
Im letzten Schritt werden die Handlungsfeldindizes zu einem Gesamtindex zusammengefasst, der die Gesamtentwicklung des von uns definierten Ausschnitts des Hochschulsystems widerspiegelt. Die Handlungsfelder Chancengerechte Bildung, Internationale Bildung, Beruflich-akademische Bildung und Quartäre Bildung fließen mit jeweils 20 Prozent in den Gesamtindex ein, die Handlungsfelder MINT-Bildung und Lehrer-Bildung jeweils nur mit 10 Prozent, da diese Handlungsfelder Querschnittsthemen darstellen. Die geringere Gewichtung verhindert eine doppelte Berücksichtigung einzelner Themenkomplexe.
Um die Entwicklung des Hochschulsystems über einen längeren Zeitraum nicht nur zu untersuchen, sondern auch zielgeleitet zu bewerten, wurden zusätzlich zu den sechs Handlungsfeldern drei übergeordnete Zieldimensionen definiert: Akademikerbedarf, Diversität und Nachfrageorientierung des Studiums. Mithilfe dieser Kategorien soll transparent gemacht werden, welche teils quantitativen, teils normativen Zielstellungen verfolgt werden sollten. Konkret stehen dahinter drei Herausforderungen:
Welche Wege eingeschlagen werden müssen, um diese Ziele bis 2020 zu erreichen, zeigen die Analysen in den einzelnen Handlungsfeldern. Leitgedanke und Zielvorstellung für das Jahr 2020 ist die Entwicklung eines ausdifferenzierten, arbeitsteiligen Hochschulsystems. Nicht jede Hochschule kann und sollte zu jeder anvisierten Zieldimension gleich viel beitragen. Alle Hochschulen sollten sich jedoch auf einem oder mehreren der Handlungsfelder profilieren und ihren Teil zur Zielerreichung leisten.
Den Landesregierungen obliegt es, diesen Prozess der Ausdifferenzierung der Hochschulen in ihrem Bundesland zu beobachten und zu begleiten, mit spezifischen Anreizsystemen zu fördern und über Instrumente wie die leistungsorientierte Mittelvergabe und die Zielvereinbarungen zu steuern. Unter Beachtung der Hochschulautonomie haben sie dafür Sorge zu tragen, dass die Hochschulen eines Landes in ihrer Gesamtheit die gesellschaftlich relevanten Zielsetzungen erreichen.
Unternehmen sind schließlich ebenfalls gefordert, ihre Rolle in einem ausdifferenzierten Hochschulsystem auszufüllen und zu gestalten. Viele Ziele – von der Weiterbildung über die Durchlässigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung bis hin zur Praxisorientierung des Studiums – sind nur mit einem stärkeren Unternehmensengagement zu erfüllen.
Die Untersuchung der einzelnen Handlungsfelder erfolgt faktenbasiert und analysiert belastbare statistische Kennzahlen. Der Hochschul-Bildungs-Report möchte daher ein Bewusstsein dafür schaffen, in welchen Handlungsfeldern regelmäßigere und aussagekräftigere statistische Daten erhoben werden müssen. In einigen Handlungsfeldern erstaunt, wie dünn die Datengrundlage ist. Beispielsweise sind Analysen bezüglich Studierender bildungsferner Schichten nur schwer durchzuführen, denn wesentliche Informationen werden statistisch nicht erfasst.
Auch die Zeichnung eines genaueren Bildes der in Deutschland studierenden Migranten ist nur unzureichend möglich. Die Studierquote dieser Gruppe wird beispielsweise nur alle drei Jahre veröffentlicht. Diese Daten sind jedoch Voraussetzung dafür, ein aussagekräftiges Monitoring zur Verbesserung der Diversität im deutschen Bildungssystem zu schaffen.
Erfreulich ist, dass die geplante Änderung des Hochschulstatistikgesetzes, die die Bundesregierung im November 2015 dem Bundestag vorgelegt hat, eine ganze Reihe statistischer Lücken schließen wird. Die geplante Studienverlaufsstatistik in Verbindung mit einem erweiterten Merkmalskatalog, der auch doppelte Staatsbürgerschaften abbildet, wird ab 2018 deutlich tiefere Einblicke in den Studienabbruch erlauben.
Datenquelle zur Studierquote: DZHW
Herausforderung: Veränderter Erhebungsrhythmus
Das DZHW befragt studienberechtigte Schüler mit dem Ziel, den Übergang von der Schule in Studium und Berufsausbildung sowie die nachschulischen Bildungs- und Erwerbsverläufe zu erforschen. Die Befragung wurde in den vergangen Jahren im zweijährigen Rhythmus durchgeführt (Studienberechtigte 2002, 2004, 2006, 2008, 2010 und 2012).
Der Rhythmus wurde auf drei Jahre erweitert. Dies hat zur Folge, dass die Studierquote für Schüler aus Nichtakademikerfamilien und Schüler mit Migrationshintergrund voraussichtlich erst 2016 wieder aktualisiert werden kann.
Betrifft folgende Indikatoren:
Datenquelle zu Studierenden im Dualen Studium: Destatis
Herausforderung: Unvollständige Zuordnung
Die Duale Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) ist einer der größten Anbieter für duale Studiengänge in Deutschland. Dort ist nur ein duales Studium möglich.
Ab Wintersemester 2012 wurden allerdings nicht mehr alle Studierenden der DHBW im dualen Studium nachgewiesen. Ein erheblicher Teil wurde stattdessen dem Vollzeitstudium zugeordnet. Daher ist in der Statistik ein Rückgang der dual Studierenden in Baden-Württemberg zu verzeichnen. Dies führt dazu, dass die vom Statistischen Bundesamt berichtete Studierendenzahl in dualen Studiengängen zu gering ist. Im Hochschul-Bildungs-Report wird diese Zahl angepasst, indem alle Studierenden der DHBW als dual Studierende ausgewiesen werden.
Betrifft folgende Indikatoren:
Datenquelle zu Lehramtsstudierenden: Destatis
Herausforderung: Unvollständige Erfassung
Für die offizielle Hochschulstatistik wird der Studiengang Lehramt als Kombination der angestrebten Abschlussprüfungen mit einem oder dem ersten Studienfach erfasst.
Die Erfassung eines beziehungsweise des ersten Studienfaches erschwert die Aussage über die Fächerwahl in den Lehramtsstudiengängen. Teilweise sind alle Lehramtsstudierende mit Pädagogik oder Erziehungswissenschaften als erstem Fach eingeschrieben, teilweise mit dem Unterrichtsfach. Die Anzahl der MINT-Studienanfänger im Lehramt ist daher eine Untergrenze; ein Ländervergleich ist nur sehr eingeschränkt – wenn überhaupt – möglich.
Betrifft folgende Indikatoren:
Datenquelle zur Betreuungszufriedenheit: DZHW
Herausforderung: Geringe Stichprobengröße
Mit dem Studienqualitätsmonitor (SQM) erhebt das DZHW jährlich bundesweit die Studienqualität und die Studienbedingungen an den deutschen Hochschulen aus Sicht der Studierenden. In den Jahren 2014 und 2015 war die Stichprobe für Bildungsinländer nicht groß genug, um deren Betreuungszufriedenheit auszuwerten.
Betrifft folgende Indikatoren:
Datenquelle zur Anzahl der Studiengänge: HRK, Hochschulkompass
Herausforderung: Freiwillige Datenzulieferung
Der Hochschulkompass der HRK ist nicht in erster Linie ein Instrument zur statistischen Erhebung von Studiengängen, sondern eine Informationsquelle für Studieninteressierte. Die Pflege der Datenbank ist eine freiwillige Selbstverpflichtung der Mitgliedshochschulen der HRK. Die Aussagekraft der Meldungen zu Studiengängen durch den Hochschulkompass hängt wesentlich von der Qualität (Vollständigkeit, Genauigkeit, Einheitlichkeit) der Datenlieferungen der Hochschulen ab. Der Hochschulkompass ist dennoch die derzeit aussagekräftigste Quelle zur Erfassung von Studiengängen.
Betrifft:
Datenquelle zu Erfolgsquoten: Destatis
Herausforderung: Zeitverzögerung
Die Veröffentlichung von Erfolgsquoten erfolgt jährlich, jedoch mit einem Jahr Verzögerung. Dies führt dazu, dass regelmäßig nur Vorvorjahreszahlen zur Verfügung stehen.
Betrifft:
Datenquelle zu Erasmus: DAAD, Destatis
Herausforderung: Zeitverzögerung
Mit der Einführung von Erasmus+ gelten seit 2014 veränderte Bedingungen: So wurde die Laufzeit der Förderverträge für Hochschulen von 16 auf 24 Monate verlängert und die Mindestlaufzeit von Auslandspraktika von drei auf zwei Monate verkürzt. Die Änderungen führen zu Einmaleffekten, die der Hochschul-Bildungs-Report durch die Verwendung gleitender Durchschnitte abfedert.
Betrifft:
Datenquelle zu Bildungsausländern: Destatis
Herausforderung: Uneinheitliche Datenverwertung
Die deutsche Hochschulstatistik unterscheidet bei Bildungsausländern nicht trennscharf zwischen degree-mobility (Studierende mit der Absicht, einen Abschluss abzulegen) und credit-mobility (ohne Abschlussabsicht). Zusammen mit dem Studienabbruch erklären sich hieraus die hohen Differenzen zwischen dem Anteil der ausländischen Studienanfänger und der ausländischen Absolventen.