Die Grundlagen für die Hochschulbildung werden in den Schulen gelegt. Die Qualität des Schulsystems wiederum hängt insbesondere von der Qualität der Lehrer ab. Ziel in diesem Handlungsfeld ist es deshalb, die Lehrer-Bildung an den Hochschulen zu stärken.
Lehrern kommt aufgrund ihrer prägenden Rolle bei der Gestaltung von Bildungswegen eine besondere Bedeutung zu. Die Lehrerschaft spiegelt allerdings weder die Diversität der Schülerschaft noch die der Gesellschaft wider: Sie ist heute überwiegend weiblich und deutsch. Ziel dieses Handlungsfelds ist es daher, neben der Qualität auch die Diversität in der Lehrer-Bildung zu stärken. Mehr Lehrkräfte mit Migrationshintergrund und interkultureller Kompetenz und mehr männliche Lehrkräfte insbesondere an den Grundschulen sind wichtige Bausteine. Bildungsinländer sollen 4 Prozent der angehenden Lehrer stellen. Dies würde dem Anteil der ausländischen Schulabsolventen mit (Fach-)Hochschulreife entsprechen. Um einem Mangel an MINT-Lehrern entgegenzuwirken, sollte sich der Anteil der Studienanfänger im Lehramt in diesen Fächern auf 36 Prozent erhöhen. Bis 2020 gilt es, den Anteil männlicher Grundschullehramtsstudierender auf 22 Prozent zu steigern. Den Maßstab für diese beiden Indikatoren bildete ihr Anteil in den drei besten Bundesländern im Jahr 2010.
Der Index für das Handlungsfeld Lehrer-Bildung steigt gegenüber dem Vorjahr um 3 auf 15 Punkte. Damit setzt sich der positive Trend fort. Nachdem sich der Index in den ersten Jahren zunächst sehr negativ entwickelte (-6 Punkte in dem Jahr 2012), hat er 2014 einen deutlichen Sprung von 1 auf 12 Punkte vollzogen. Aktuell zeigen fünf der sieben Indikatoren eine leichte, aber stetige Entwicklung. Trotz dieser Aufholjagd ist die Lehrer-Bildung erneut das Handlungsfeld mit dem schlechtesten Indexwert. Um das Gesamtziel 2020 zu erreichen, wäre in den kommenden Jahren ein jährliches Wachstum von 17 Punkten nötig.
Um dieses sehr ambitionierte Wachstum erreichen zu können, müssten die Hochschulen die Lehrer-Bildung zukünftig deutlich stärker als bislang als strategisches Kernthema entwickeln und in ihrem Profil, den Strukturen und Fachbereichen abbilden.
Gute Erfolgsquote, aber Zuspitzung des MINT-Lehrermangels
Die Erfolgsquote im Lehramt hat sich seit 2010 kontinuierlich und auf sehr hohem Niveau entwickelt. Aktuell liegt sie bei 82,5 Prozent und übertrifft somit das für 2020 gesetzte Ziel von 80 Prozent. Der Index liegt bei 100 Punkten. Deutlich negativer sieht es hingegen beim Anteil der Lehramtsstudienanfänger in MINT-Fächern aus. Deren Anteil lag im Basisjahr 2010 noch bei 29 Prozent. Seitdem ist der Anteil kontinuierlich gesunken und liegt derzeit bei 25,2 Prozent. Dies entspricht einer Zielerreichung von -53 Punkten. Diese Entwicklung ist insofern besorgniserregend, als dass bereits heute in den Sekundarstufen I und II der allgemeinbildenden Schulen sowie auch in den Berufsschulen ein erheblicher Mangel an qualifizierten Lehrkräften in den MINT-Fächern vorherrscht (Klemm 2015, Berufsschullehrerinitiative Stifterverband). In den kommenden Jahren gilt es entsprechend, die Anstrengungen zur Gewinnung von Studienanfängern innerhalb der MINT-Fächer weiter zu steigern. Zum einen könnten Anreize für die Aufnahme eines Lehramtsstudiums im MINT-Bereich gesetzt werden, beispielsweise in Form eines von Bund und Ländern finanzierten MINT-Stipendiums für angehende Lehrkräfte. Zum anderen gilt es auch, die Studierenden, die sich für ein Lehramtsstudium im MINT-Bereich entscheiden, durch eine Steigerung eines spezifischen Didaktikanteils – zum Beispiel in Form einer Technikdidaktik – im MINT-Lehramtsstudium zu halten und auf den Lehrerberuf vorzubereiten. Abgesehen von allgemeinen Didaktikkursen, besuchen MINT-Lehramtsstudierende oftmals reguläre MINT-Kurse, die vertiefende technische Fähigkeiten erfordern und weniger auf die Vermittlung technischer Fähigkeiten ausgerichtet sind. Dadurch gehen viele potenzielle MINT-Lehrer verloren.
Diversität und Chancengerechtigkeit verbessern sich nur langsam
Der Anteil männlicher Grundschullehramtsstudierender ist seit 2010 leicht zurückgegangen. Waren 2010 noch 16,4 Prozent aller Grundschullehramtsstudierenden Männer, sind es 2015 noch 15,5 Prozent. Dennoch ist ihr Anteil im Vergleich zum Vorjahr um 0,5 Prozent gestiegen. Der Indikator weist eine Zielerreichung von -16 Punkten auf. Eine positivere Entwicklung zeigt sich beim Anteil der Bildungsinländer im Lehramtsstudium. Seit 2010 hat sich der Indikator leicht aber stetig von anfänglich 2 Prozent auf aktuell 2,7 Prozent gesteigert. Der Index liegt jetzt bei 33 Punkten. Dennoch verbleiben die Indikatoren weit unter dem für die Halbzeitbilanz gesetzten Ziel von 50 Punkten.
Größere Zufriedenheit mit der Betreuungssituation
Die Indikatoren zur Nachfrageorientierung des Lehramtsstudiums schwanken in diesem Jahr erneut und setzen somit den Trend der Vorjahre fort. Hier bleibt anzumerken, dass die Nachfrageorientierung
rein qualitativ abgebildet wird, was die Wahrscheinlichkeit von Schwankungen erhöht. Der Anteil der Lehramtsstudierenden, die ihrem Studium eine (sehr) starke Förderung der Beschäftigungsfähigkeit bescheinigen, ist von 26,8 Prozent in dem Jahr 2010 auf aktuell 22 Prozent gesunken. Obwohl sich der Indikator 2015 im Vergleich zum Vorjahr um 3,6 Prozentpunkte verbessert hat, weist er eine Zielerreichung von nur -36 Punkten auf. Auch die Berufs- und Praxisbezogenheit der Lehrveranstaltungen wird aktuell von einem etwas geringeren Anteil der Studierenden (26,5 Prozent) als (sehr) gut eingeschätzt als noch in dem Jahr 2010 (26,8 Prozent). Deutlich positiver beurteilen Lehramtsstudierende die Betreuungssituation im Studium. Aktuell empfinden 60,4 Prozent die Betreuung als (sehr) gut, verglichen mit 54,3 Prozent im Vorjahr. Der Index liegt somit bei 76 Punkten. Zeitlich fällt diese positive Entwicklung mit verschiedenen Initiativen im Bereich der Lehrer-Bildung zusammen, zum Beispiel der Lehrer-Initiative des Stifterverbandes und der Heinz Nixdorf Stiftung sowie der Qualitätsoffensive Lehrerbildung des Bundes.
Entwicklungen und Erfolge
Alle 16 Bundesländer bieten Praxisphasen als verbindlichen Teil des Lehramtsstudiums an. Die meisten Hochschulen nutzen Instrumente und Verfahren zur Kooperation zwischen den Phasen der Lehrer-Bildung. Viele Hochschulen bieten spezielle Rekrutierungsprogramme für das Lehramtsstudium an. Eine deutliche Mehrheit der lehrerbildenden Hochschulen verortet die Lehrer-Bildung inzwischen im Verantwortungsbereich der Hochschulleitungen und sichert die Bedeutung im Leitbild der Hochschule ab. Die Betreuungssituation im Lehramtsstudium hat sich verbessert, was auch auf die Förderprogramme zurückzuführen ist. Die gegenseitige Anerkennung von lehramtsbezogenen Studien- und Prüfungsleistungen sowie die bundesweit garantierte Mobilität von Lehramtsstudierenden sowie von Lehrerinnen und Lehrern haben erheblich zur Verbesserung in der Lehrerbildung beigetragen. Durch die Qualitätsoffensive Lehrerbildung kann in den kommenden Jahren eine strukturell bessere Positionierung der ersten Phase der Lehrer-Bildung an den Hochschulen erreicht werden.
Stagnation und Herausforderung
Die wirtschaftliche Führungsstellung deutscher Unternehmen und die Chancengleichheit junger Menschen in einer polarisierenden Gesellschaft hängen im Wesentlichen von der Qualität der Ausbildung, das heißt der Lehrer, ab.
Christian Boehringer
Vorsitzender des Gesellschafterausschusses von Boehringer Ingelheim und Themenbotschafter für das Handlungsfeld Lehrer-Bildung
Zufriedenheit mit der Lehrerbildung steigt
(Fokus 2016)
Die angehenden Lehrer zeigen sich in Umfragen zur Qualität ihres Studiums regelmäßig besonders unzufrieden. Doch die Situation hat sich verbessert.
Regional statt global
(Fokus 2015)
Lehramtsstudierende profitieren besonders von einem Auslandsstudium. Trotzdem gehen sie deutlich seltener ins Ausland als Studierende anderer Fächer.
Geeignet fürs Lehramt?
(Fokus 2014)
Das Lehramt gilt bei Abiturienten in Deutschland als einer der angesehensten Berufe. Dennoch wollen die besten Schüler deutlich seltener Lehrer werden als Schüler mit mittelmäßigen Noten. Sie vermissen vor allem attraktive Aufstiegsmöglichkeiten. Doch Noten alleine sind nicht ausschlaggebend für einen guten Lehrer.
Gesichter der Bildungsrepublik
Wieso hat das Lehramt in Deutschland so ein geringes Ansehen? Und warum gibt es in Deutschland keinen bundeslandübergreifenden Standard für die Ausbildung zum Lehrer?
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