Innovationen sichern unsere Zukunftsfähigkeit. Nachwuchskräfte aus den MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) spielen dabei eine entscheidende Rolle. Es ist daher das Ziel in diesem Handlungsfeld, den Frauenanteil zu steigern sowie mehr Ausländer für das Studium zu gewinnen.
Deutschland ist als Wirtschaftsstandort auf eine ausreichende Verfügbarkeit von gut ausgebildeten Fachkräften angewiesen. Vor allem aufgrund der starken innovations- und technologiegetriebenen Wertschöpfung gibt es einen anhaltend hohen Bedarf an Absolventen der Fachbereiche Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft (MIN) und Technik (T). Ziel im Handlungsfeld MINT-Bildung ist es daher zum einen, die langfristige Deckung des Absolventenbedarfs sicherzustellen und zum anderen eine größere Diversität der Studierenden zu erreichen. Dies soll vor allem dadurch erreicht werden, dass mehr Frauen für ein MINT-Studium gewonnen und ihre Anteile gemessen an den drei führenden Bundesländern deutschlandweit in den MIN-Fächern von 37 auf 41 Prozent und in den Technikwissenschaften von 21 auf 26 Prozent erhöht werden. Um den Grad an Internationalität in diesem Bereich zu erhöhen, soll zudem der Anteil an internationalen MIN-Studierenden auf 12 und der Anteil an internationalen T-Studierenden auf 13 Prozent angehoben werden. Die Erfolgsquoten sollen gemäß des formulierten EU-Ziels insgesamt von derzeit 66 Prozent (MIN) und 73 Prozent (T) auf 80 Prozent steigen.
Der Index für das Handlungsfeld MINT-Bildung hat gegenüber dem Vorjahr um 7 Punkte zugelegt und erreicht aktuell einen Wert von 24 Punkten. Trotz der insgesamt positiven Entwicklung bleibt der Index weit hinter der Zielmarke für 2015 von 50 Punkten zurück und ist auch in diesem Jahr das zweitschwächste Handlungsfeld. Um das gesetzte Ziel für 2020 zu erreichen, müsste sich der Index in den kommenden Jahren um 15 Punkte pro Jahr verbessern.
Hohe Studienanfängerzahlen in MIN- und T-Fächern
Die Anzahl der Studienanfänger in MIN-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften) hat sich seit 2010 sehr positiv entwickelt. Während im Basisjahr rund 74.900 Studierende ein Studium in einem MIN-Fach begannen, liegt die Anzahl aktuell bei rund 89.600 Studierenden. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die Zahl der Studienanfänger noch einmal um knapp 2.400 Personen erhöht und der Indikator weist eine Zielerreichung von 100 Punkten auf. Auch die Anzahl der Studienanfänger in T-Fächern (Technik) spiegelt diese positive Entwicklung wider. In dem Jahr 2010 betrug die Anzahl der Studienanfänger in einem T-Fach rund 93.400 Personen. Aktuell liegt diese Zahl bei rund 107.400 Studierenden und ist entsprechend um knapp 14.000 Personen höher. Somit weist auch dieser Indikator eine Zielerreichung von 100 Punkten auf. Die positive Entwicklung muss allerdings vor dem Hintergrund der insgesamt gestiegenen Studienanfängerzahlen betrachtet werden.
Während sich die Studienanfängerzahlen sowohl in den MIN- als auch in den T-Fächern positiv entwickelt haben, unterscheiden sich die Absolventenzahlen in den beiden Bereichen erheblich. In den MIN-Fächern hat sich die Anzahl der Erstabsolventen seit 2010 fast durchgängig verschlechtert. 2010 schlossen noch rund 48.600 Personen ihr Erststudium in einem MIN-Fach ab. Aktuell liegt die Zahl bei knapp 46.300 Personen. Der Indikator weist eine Zielerreichung von -16 Punkten auf. Fakt ist: Nach wie vor brechen viele Studierende ihr Studium ab, trotz zahlreicher Initiativen zum Beispiel im Rahmen des Qualitätspakts Lehre des Bundes. Erheblich verbessert hat sich hingegen die Zahl der Absolventen in den T-Fächern. Seit 2010 hat sich deren Zahl konstant gesteigert von rund 49.900 auf aktuell knapp 65.000 Personen. Das für 2020 gesteckte Ziel von 63.000 Absolventen ist somit bereits mehr als erfüllt und der Indikator zeigt eine Zielerreichung von 100 Punkten.
Deutlich mehr Frauen in T-Fächern
Auch in puncto Diversität der Studierenden haben sich die MIN- und T-Fächer seit 2010 unterschiedlich entwickelt. Der relative Anteil der MIN-Studentinnen an der Gesamtzahl der MIN-Studierenden lag 2010 bei 37,2 Prozent. In den Folgejahren ist der Indikator leicht gesunken und stagniert seitdem. Aktuell liegt der Anteil bei 36,7 Prozent, was einer Zielerreichung von -13 Punkten entspricht. Allerdings muss angemerkt werden, dass sich die Gesamtzahl der Studierenden in MIN-Fächern erhöht hat, sodass trotz des stagnierenden Prozentwertes absolut betrachtet mehr Frauen ein MIN-Fach studieren. Ein eindeutig positiveres Bild zeigt sich in den T-Fächern. Während der Anteil der T-Studentinnen an allen T-Studierenden 2010 noch bei 20,9 Prozent lag, hat sich der Indikator seitdem leicht aber stetig auf aktuell 22,9 Prozent verbessert. Die Zielerreichung liegt bei 38 Punkten. Bezieht man auch hier die insgesamt gestiegenen Studienanfängerzahlen in den T-Fächern mit ein, wird deutlich, dass dieser Anstieg noch positiver zu bewerten ist, als die relativen Zahlen es ausdrücken.
Mehr internationale Studiengänge in MIN-Fächern
Positiv entwickelt hat sich auch der Anteil internationaler MIN-Studiengänge an allen MIN-Studiengängen. Während deren Anteil 2010 noch bei 4,9 Prozent lag, hat er sich aktuell fast verdoppelt auf 9,5 Prozent. Der Indikator weist eine Zielerreichung von 76 Punkten auf. Weniger dynamisch sind die Entwicklungen in den T-Studiengängen. Hier stagniert der Anteil der internationalen Studiengänge seit 2010 bei 9,5 Prozent, nachdem er zwischenzeitig sogar abgesunken war.
Die MINT-Bildung gilt auch in diesem Jahr als eines der Felder, die sich eher schwach entlang der Indikatoren Akademiker/-innenbedarf, Diversität und Chancengerechtigkeit sowie Nachfrageorientierung entwickeln. Dem gegenüber steht eine Steigerung der Studienanfänger/-innen von fast 30.000 seit 2010, davon in den Ingenieurwissenschaften knapp 14.000, eine deutliche Steigerung der Internationalisierung der Studierenden und eine Steigerung des Frauenanteils in den Ingenieurwissenschaften, was dafür spricht, dass die Talfahrt der MINT-Fächer nicht nur gestoppt wurde, sondern sie in den vergangenen Jahren auch eine deutliche Verbesserung hin zu mehr Diversity vollzogen haben. Dies ist bei nahezu gleich gebliebenen Haushalts- und Personalressourcen gelungen. Jetzt gilt es, durch systematische Verbesserung der Lehr- und Prüfungsangebote, die noch immer zu hohen Abbruchquoten in den Griff zu bekommen. Vielfältigere Studierende haben vielfältigere Lehr- und Lernanforderungen, die in den Studiengängen angemessen berücksichtigt werden müssen. Dies geht dann nicht mehr aus Bordmitteln. Hier werden zeitlich befristete Förderprogramme benötigt, die individuelles Lernen, auch digital, mit den fachlichen und beruflichen Notwendigkeiten verknüpfen. Vor allem sollten die Drop Outs berücksichtigt werden, die nicht leistungsbezogen begründet sind, sondern wo die jeweilige Fachkultur eine nachhaltige Integration erschwert.
Der Report unterteilt die Daten in MIN und T. Dies geschieht, weil die Ingenieurwissenschaften mit Naturwissenschaften und Mathematik hinsichtlich der Fachkulturen und Berufsorientierungen nicht gut vergleichbar sind. Da inzwischen das Statistische Bundesamt die Informatik den Ingenieurwissenschaften zuordnet, würden wir wohl künftig besser von MN und IT sprechen, wenn wir innerhalb des breiten Fächerspektrums, für das diese vier Buchstaben stehen, unterteilen wollen. Gemeinsamkeiten und Unterschiede wären dann vermutlich noch besser ersichtlich. Aber natürlich sind auch die Naturwissenschaften mit ihrer fachkulturellen Breite differenziert zu betrachten. Allein die Frauenanteile variieren zwischen der Biologie, der Chemie und der Physik beträchtlich und es bedarf der Klärung, warum hier die Entwicklung so zögerlich zu verlaufen scheint.
Andererseits hat sich MINT zu einer öffentlichkeitswirksamen Kategorie entwickelt. Durch ihre MINT-Berufsinitiativen haben Unternehmen, Bildungs- und Forschungseinrichtungen, Politik und Medien viel dazu beigetragen, dass heute fast jede Schülerin und jeder Schüler ahnt, was sich hinter diesen vier Buchstaben verbirgt. MINT ist ein gutes Beispiel für gelungenes Marketing in eigener Sache geworden. Auch dies erklärt die steigenden Studierenden- und Studentinnenzahlen. Viele dieser Initiativen erreichen allerdings bislang die Studiengänge nicht, sondern bleiben ein zusätzliches Engagement, vor allem im Recruitment. In vielen Fällen fehlt eine systematische Wirkungsmessung und – dort, wo sie vorliegt – die konsequente Verstetigung und Ausweitung von Best Practice.
Mit der zunehmenden Digitalisierung und den daraus folgenden Veränderungen im Leben, Lernen und Arbeiten steht die MINT-Bildung vor der Anforderung, konsequent die vorhandenen Potenziale zu entwickeln, das heißt mehr Frauen, mehr Erststudierende in der Familie und insbesondere mehr erststudierende Migrant/-innen für sich zu gewinnen. Dazu braucht es Förderprogramme für eine systematische Verknüpfung der vorhandenen Gender- und Diversityforschung mit der Weiterentwicklung in der MINT-Bildung.
Die MINT-Fächer spielen eine entscheidende Rolle für unsere Zukunftsfähigkeit. Viele Neuerungen stammen aus diesen Disziplinen. Umso wichtiger ist es, junge Menschen dafür zu begeistern.
Simone Bagel-Trah
Aufsichtsratsvorsitzende und Vorsitzende des Gesellschafterausschusses Henkel AG & Co. KGaA sowie Themenbotschafterin für das Handlungsfeld MINT-Bildung
MIN bleibt hinter T zurück
(Fokus 2016)
Die MINT-Fächergruppe umfasst die industrienahen Fächer und hat deshalb für den Wirtschaftsstandort Deutschland eine besondere Relevanz. Doch die verschiedenen MINT-Fächer entwicklen sich unterschiedlich.
Potenzial von ausländischen MINT-Studierenden
(Fokus 2015)
Immer mehr Ausländer studieren in Deutschland ein MINT-Fach – ein Gewinn für Industrie und Wissenschaft. Sie machen das heimische Studium internationaler und tragen dazu bei, den Frauenanteil zu erhöhen.
Größte Probleme bei Technik und Informatik
(Fokus 2014)
Die MINT-Fächergruppen unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Arbeitsmarktsituation, ihres Frauenanteils und ihrer Abbruchquoten – entsprechend differenziert müssen sie betrachtet und damit auch gefördert werden.
Gesichter der Bildungsrepublik
„Die MINT-Fächer sind für die deutsche Industrie entscheidend.“
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